Das besondere Fossil

Juli 2008- Ceratites dorsoplanus („E“) juvenil
pdf

Enddurchmesser (DE) = 65 mm,
Durchmesser Phragmokon (DPhr) = 46 mm
Oberer Muschelkalk, dorsoplanus/semipartitus-Biozonengrenze Walburg
Slg. Kilisch

Beschreibung:

Das kleine juvenile Exemplar wurde im temporären Aufschluss beim Bau der A 44 bei Walburg gefunden.

Der Phragmokon des Gehäuses hat lediglich lateral schwache Fältchen und marginal dicht stehende Knötchen („E“-Typ). Auf der Wohnkammer geht die Skulptur bis zur Gehäusemündung in dichotome Lateralfalten über.
Die im Vergleich mit dem juvenilen C. levalloisi (vgl. Fossil des Monats Juni 2008) noch schmalere Externseite ist gleichfalls beidseitig kantig abgegrenzt - eine Bestätigung des Kriteriums der „Streckung der Ontogenie“ der Individuen in den Biozonen der „Discoceratiten“ (= die Entwicklungsstadien der jugendlichen Skulpturmerkmale werden immer länger beibehalten).
Die dadurch sehr nahe gegenüberliegenden Marginalknötchen stehen unregelmäßig alternierend zueinander und tendieren zu stegartig skulpturellen Verbindungen (vgl. Abb. 3). Wegen der immer schmaler werdenden Externseite kommt es häufig zu einer seitlich asymmetrischen Verlagerung des Weichkörpers. Das hat zur Folge, dass sich die Lobenlinie an der Marginalkante unterschiedlich auf die Lateralseite verschiebt und zu taxonomischen Fehlbestimmungen führen könnte. Im vorliegenden Fall würde die linke Seite zu einem C. semipartitus (Abb. FdM; der „Externlobus“ erstreckt sich über die Marginalkante) und die rechte Seite zu einem C. weyeri (Abb. 2; der „Marginalsattel“ reicht auf die Externseite)).


Abb. 2: Auf der rechten Gehäuse-Seite reicht der Marginalsattel asymmetrisch noch auf die Externseite - als Merkmal eines C. weyeri



Abb. 3: Die Marginalknötchen wechseln unregelmäßig alternierend. Die Tendenz zu stegartig skulpturellen Verbindungen ist deutlich ausgeprägt


Der gekammerte Gehäuseteil (Phragmokon) als ontogenetischer Informationsträger

Die Phragmokonparameter sind Merkmale, die durch das Wachstum des Individuums während seiner Lebenszeit geprägt sind. Diese Parameter sind:

  • Anzahl der Septen (A)
  • Drängungs-Index (DI)

Zunächst werden diese Parameter mit Hilfe von Messungen am Steinkern ermittelt und berechnet. Später wird eine Interpretation dieser Parameter vorgenommen.

Der Phragmokon als ontogenetischer Informationsträger Phragmokonparameter sind ontogenetische Merkmale: Anzahl der Septen (A), Drängungs-Index (DI). Mit den Werten „a“ (= Abstand der letzten drei Marginalsättel), der gemittelten Röhrenhöhe auf diesem finalen Phragmokonabschnitt „h5“ [= (h2+h2+h3)/3] und der Formel (a / h5) /3 wird der relativierte Anteil eines Septums in der letzten Lebensphase eines Individuums ermittelt. Dieser Drängungs-Index objektiviert den subjektiven Begriff „sekundäre Lobendrängung“.


Abb. 4: Berechnung verständlich dargestellt


Die Ergebnisse verschiedener Populationsanalysen (vgl. REIN 2003, 2006, 2007) ermöglichen folgende Schlussfolgerungen:

1. Individuen mit mehr als 15 Septen gelten eigentlich als adult. Die 15 gebauten Kammerscheidewände des jugendlichen C. dorsoplanus sind ein Indiz dafür, dass „E-Typen offensichtlich sehr früh geschlechtsreif wurden.

2. Das bestätigt auch der errechnete sehr kleine Drängungsindex (DI) von 1,7. Bereits Werte kleiner 2,1 bestätigen objektiv eine Lobendrängung im letzten Ontogenieabschnitt. Diese Lobendrängung ist optisch auch ohne Berechnung deutlich zu erkennen.

3. Der dritte Ontogenie-Parameter „Wachstumsindex“ (WI) konnte wegen fehlender Septen nicht schlüssig ermittelt werden.

Literatur:

REIN, S. (2003): Zur Biologie der Ceratiten der spinosus-Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse -
Teil I: Populationsstatistik, Sexual-Dimorphismus und Artkonzept.-
Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 22: 43-67, 16 Abb., 2 Prof., Erfurt.
REIN, S. (2006): Zur Biologie der Ceratiten der compressus-Zone - Ergebnisse einer Populationsanalyse.-
Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 25: 47-68, 29 Abb., Erfurt.
REIN, S. (2007): Die Biologie der Ceratiten der flexuosus-, sequens/pulcher- und semipartitus /meissnerianus -
Zone - Entstehung und Aussterben der Biospezies Ceratites nodosus -
Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 26: 41-69, 31 Abb., 3 Prof., 6 Taf., Erfurt.
REIN, S. (2007): Die Evolution der Biospezies „Ceratites nodosus“ - vom typologischen Art-Konzept zum
Biospezies-Konzept –
Beitr. Geol. Thüringen, N. F. 14: 85-112, 23 Abb., Jena.