Glossar

Ammoniten
Sammelbezeichnung für die Ammonoideen des Erdmittelalters, deren "ammonitische" Lobenlinie aus gezackten Lohen und Sätteln zusammengesetzt ist. Im vereinfachten Sprachgebrauch auch als Sammelbegriff für alle Ammonoideen verwendet.

anaerob
Sauerstofffreie Umweltbedingungen, die bei Zufuhr hinreichender organischer Substanz Fäulnisprozesse ermöglichen.

apikal
An der Spitze (des Gehäuses) gelegen.

Apomorphie
Ausbildung neu erworbener Merkmale, welche zur Charakterisierung einer eigenständigen taxonomischen Gruppierung geeignet ist.

aquatisch
Im Wasser lebend.

Art, Spezies
Zentrale Kategorie des die abgestufte Mannigfaltigkeit der Organismen ordnenden Systems und reale Abstammungs- und Fortpflanzungsgemeinschaft. Arten sind Gruppen von tatsächlich oder potentiell untereinander kreuzbarer Populationen, die von anderen derartigen Gruppen hinsichtlich der Fortpflanzung isoliert sind. Sie bilden damit die grundlegenden biologischen Einheiten (= Biospezies).

Atavismus
Merkmalsausbildung, die auf zeitweise unterdrückte Erbanlagen der stammesgeschichtlichen Vorfahren zurückgreift.

benthisch
Am beziehungsweise im Meeresboden lebend.

Benthos
Lebewelt am und im Meeresboden (Epibenthos beziehungsweise Endobenthos).

Bioherm
riff-, hügel-, linsenartig oder anders umgrenzte Struktur organischer Entstehung, eingelagert in ein Gestein von anderem Charakter. Gerüstbildner im Muschelkalk sind austernartige Muscheln (Terquemien), Seelilien und Röhrenwürmer. Man unterscheidet im Muschelkalk drei Riff-Typen: Placunopsis-Bioherme, Terquemien/Encrinus-Bioherme und Stillwasserbioherme.

Biospezies
Biologische ->Art

Buccalkapsel
Kompakter, durch knorpelartige Gewebe umschlossener, muskulöser Kieferapparat, der die Mundöffnung und Radula einschließt. Bei den modernen Tintenfischen dient die B. als Ansatz für die Tentakelmuskulatur.

carnivor
Ernährungsweise auf der Grundlage von frischem Fleisch oder Aas.

Ceratiten
Sammelbezeichnung für die überwiegend aus der Trias stammenden Ammonoideen, deren "ceratitische" -> Lobenlinie aus glattrandigen Sätteln und gezackten Loben besteht.

Chronospezies
Eine für Fossilien aufgestellte Art, die außer einer räumlichen eine zeitliche Dimension hat. Chronospezies sind weitgehend willkürlich durch ein gewisses Maß an Veränderung begrenzt. Damit sind Chronospezies im Gegensatz zu Biospezies keine realen Objekte.

Diagenese
Summe der übenwiegend chemischen Prozesse, welche oft in Verbindung mit der Zementation (Verhärtung) des Sedimentes die eingeschlossenen Organismenreste (Fossilien) verändert.

diagenetisch
Durch die -> Diagenese beeinflußt.

Diversität
Mannigfaltigkeit, Artenreichtum

dorsal
In der Rückenregion gelegen (Gegensatz: -> ventral).

durophag
Hartschalige Ernährungsweise.

ektocochleat
Position des Kopffüßer-Gehäuses außerhalb des Weichkörpers (Nautiliden, Ammonoideen).

endocochleat
Position des Kopffüßer-Gehäuses bzw. des Rudiments eines ursprünglicher Gehäuses im Inneren des Weichkörpers (Coleoideen) (Gegensatz: -> ektocochleat).

endogen
Durch innere Ursachen bedingt (Gegensatz -> exogen).

epibenthisch
am Boden der Gewässer lebend

Epithel
Drüsenreiches Deckgewebe aus einer bis wenigen Zellschichten.

Epizoen
Festsitzende (-> sessile) Tiere, die auf anderen Organismen, z. B. den Gehäusen lebender Ammoniten, aufwachsen (-> Epöken).

Epöken
Der Schale aufsiedelnde Organismen

Epökie
Aufwuchs durch -> sessile Organismen.

exogen
Durch äußere Ursachen bedingt (Gegensatz endogen).

extrapallial
Aus Schleimen gebildet, die vom Mantel (lat.: pallium) - der Gewebeschicht, die den gesamten Körper der Weichtiere umschließt - ausgeschieden wurden.

fastigat
Ursprünglich für Ammonitengehäuse mit dachgiebelartiger Zuspitzung der Außenseite, bei -> Ceratiten für abnormale Fälle verwendet, bei denen die seitlichen Wulstrippen über die sonst abgeflachte und skulpturlose Außenseite des Gehäuses wegsetzen.

Fazies
Verschiedenartigkeit in der Ausbildung eines Sediments hinsichtlich seines Aufbaus oder Fossilinhalts. Aus der Fazies lassen sich die Umweltbedingungen zur Zeit der Ablagerung ermitteln.

fixosessil
Lebensweise von -> Benthos-Organismen, die durch eine permanente Verankerung zeitlebens an ihren Standort gebunden sind.

Foraminiferen
Einzellige, den Amöben nahestehende Schleimtierchen, die ein meist mehrkammeriges Gehäuse durch Verkittung feinster Sandkörner oder aus Kalk bauen. Sie leben im Meer teils -> benthisch, teils auch -> planktonisch.

Geoden
Knollenförmige Anreicherung von Kalk und anderen Mineralien (z. B. Kalziumphosphat), deren Bildung im noch unverfestigten Sediment oft durch die Verwesungsprozesse der eingeschlossenen Organismen ausgelöst wird. Sie enthalten oft exzellent erhaltene Ammoniten, die nicht nur unverdrückt, sondern häufig auch in ihrer -> Perlmuttschale und mit Resten des Weichkörpers erhalten sind.

Heterochronie
Zeitliche Verschiebung bei der Ausbildung von Merkmalen im Verlauf der stammesgeschichtlichen Entwicklung. Die sukzessive Verlagerung von Jugendmerkmalen in das Adultstadium nennt man -> Paedomorphose, den umgekehrten Fall, daß Adultmerkmale zunehmend in die Jugendphase verlagert werden, -> Palingenese. Wird in letzterem Fall auch die Geschlechtsreife bereits im frühen Jugendstadium erreicht (z.B. beim Axolotl), spricht man von Neotenie.

Hornstein
Dichte, kieselsäurehaltige Ausscheidung aus dem Porenwasser bei Verfestigung von Sedimenten. Am Übergang vom mm zum mo in schillführenden Horizonten.

Hypermorphose
Verlängerung des Frühontogeniestadiums

interimistisch
Zwischenzeitliche Ausbildung eines Merkmals vor Erreichen des finalen (adulten) Stadiums.

iterativ
Wiederholt auftretend.

Konkretionsbildung
Aus Mineralausscheidungen bestehender Körper, meist von kugeliger oder linsenförmiger Gestalt. Aus zirkulierenden Lösungen entstehend, die an bestimmen Keimen Stoffe zur Ausscheidung bringen. Als Keime wirken oft Organismenreste, im Muschelkalk häufig Fische, Krebse oder Knochen.

konvergent (analog)
Unabhängige Entwicklung funktional gleicher oder ähnlicher Merkmale in nicht miteinander verwandten stammesgeschichtlichen Entwicklungslinien (Gegensatz: homolog; Entwicklung aus derselben stammesgeschichtlichen Anlage).

K-Strategen
Organismen, die härtesten Konkurrenzbedingungen gewachsen sind, spät geschlechtsreif werden und eine geringe Reproduktionsrate haben.

lateral
Seitlich gelegen.

Lithostratigraphie
Relative Altersbestimmung aufgrund von gesteinskundlichen und geochemischen Merkmalen. Wegen Veränderungen der Fazies meist nur regional einsetzbar.

litoral
Lebensform des küstenbeeinflußten, meist flacheren Schelfmeeres (Gegensatz: -> pelagisch)..

Lobenlinie (Sutur)
Sinusförmig geschwungene Verwachsungsnaht der nachträglich eingebauten Kammerscheidewände (-> Septen) mit der Innenseite der Gehäuseröhre. Die zur Mündung vorspringenden Bögen heißen Sättel, die nach hinten weisenden Loben. Bei den Ammonoideen wird die gruppenspezifisch modifizierte L. -> ontogenetisch und -> phylogenetisch komplexer. Nach der Lage der einzelnen Loben unterscheidet man drei Grundelemente: Externlobus (Mitte der ventralen Außenseite), Laterallobus (Seite) und Intemlobus ( Mitte der dorsalen Innenseite).

median
In der Mittelebene gelegen.

Mediane
Mittelebene (des Gehäuses).

Metamorphose
Umwandlung. In der Biologie versteht man darunter den Umbau des Körpers vom Larvenstadium zum ausgereiften Individuum.

Morphospezies
Eine aufgrund morphologischer Übereinstimmung der Angehörigen einer Sippe und ihrer Unterscheidbarkeit von Angehörigen anderer Morphospezies ausgeschiedene Art. Dazu zählen auch Individuen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer einzigen Fortpflanzungsgemeinschaft gehören, jedoch weiterhin zu verschiedenen nominellen Arten gestellt werden (z.B. Sexualdimorphismus).

myoadhäsiv
Durch den Ansatz von Muskulatur bedingte Veränderungen der Schaleninnenseite.

Nekton
Aktiv schwimmende Lebewelt der Meere.

nektonisch
In der Wassersäule aktiv schwimmende Lebensweise.

nektoplanktonisch
Teils aktiv schwimmend, teils passiv treibende Lebensweise in der freien Wassersäule.

Ökophänotyp
Eine nicht-genetische Veränderung der sichtbaren Merkmale eines Organismus, die auf eine bestimmte Umweltbedingung zurückgeführt werden kann.

omnivor
Nichtspezialisierte Ernährungsweise (Allesfresser).

Ontogenie (Ontogenese)
Entwicklung eines Individuums vom Ei bis zum Erwachsenen. Dabei versteht man unter Frühontogenese die Entwicklungsphase innerhalb des Eies.

ontogenetisch
Die individuelle Entwicklung eines Organismus betreffend.

Paedomorphose
Sukzessive Verlagerung von Jugendmerkmalen in das Adultstadium im Verlauf der stammesgeschichtlichen Entwicklung (-> Heterochronie). Wird die Geschlechtsreife bereits im frühen Jugendstadium erreicht (z. B. beim Axolotl), spricht man von Neotenie.

pelagisch
Lebensform des offenen Ozeans im Gegensatz zu -> litoral.

Periostrakum
Aus organischem Material bestehende äußere Schalenschicht der Weichtiere (Mollusken), welche die mineralisierten Schalenschichten vorformt.

Perlmutt
Ursprüngliche Schalenstruktur der schalentragenden Mollusken (Conchiferen) aus Stapeln µm-kleiner Aragonit-Plättchen, die das auffallende Licht in seine Spektralfarben zerlegen. Der buntschillernde, irisierende Effekt ist somit strukturbedingt und nicht durch Farbeinlagerungen (Pigmente) hervorgerufen.

phänetisch
Die äußere Erscheinungsform betreffend.

Phänotyp, Phänotypus
Das Erscheinungsbild, die Summe der sichtbaren Merkmale eines Organismus; die auf der Grundlage der genotypisch festgelegten Variationsbreite in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen entwickelte Variante. Im allgemeinen wird der Begriff auf ein bestimmtes Entwicklungsstadium eingeschränkt verstanden. Der Ph. Ist Angriffspunkt der Selektion.

Phragmokon
Hinterer, gekammerter Gehäuseabschnitt der Kopffüßer.

phylogenetisch
Im Zusammenhang mit der stammesgeschichtlichen Entwicklung.

Phylogenie
Stammesgeschichtliche Entwicklung einer Organismengruppe.

Plankton
Passive, überwiegend im oberflächennahen Wasser treibende Lebewelt.

planktonisch
Passiv treibende Lebensweise im Wasser.

planspiral
Gehäuseaufrollung in einer Ebene, wie sie beim Gros der Ammonoideen verwirklicht ist (Gegensatz: -> trochospiral, -> heteromorph).

Plesiomorphie
Ausbildung konservativer Merkmale, die von den stammesgeschichtlichen Vorfahren übernommen sind. Im Gegensatz dazu bezeichnet eine -> Apomorphie ein neu erworbenes Merkmal, das geeignet ist, eine taxonomische Gruppe zu charakterisieren.

polyphyletisch
-> Taxa, die auf unterschiedliche Vorfahren zurückgehen.

Polyphylum
Künstlich zusammengefaßte Gruppe von Organismen, deren Vertreter sich von unterschiedlichen Vorfahren ableiten. Im Gegensatz dazu enthält das -> Monophylum alle Nachkommen einer gemeinsamen Stammform.

Predator
Freßfeind.

prismatisch
Schalenstruktur, die aus einer Lage palisadenartig radial orientierter Kristalle aufgebaut wird.

Progenese, Progenesis
Erreichung der Geschlechtsreife bei noch jugendlichem Körperbau

Prosutur
Verwachsungsnaht des ersten -> Septums, das den -> Protoconch begrenzt und gemeinsam mit ihm in -> prismatischer Feinstruktur mineralisiert wurde. Ihre Ausbildung ändert sich während der Phylogenie der Ammonoideen von asellat (zwischen einem sehr flachen Außen- und Innensattel leicht geschwungen) über latisellat (breiter sinusförmiger Außensattel und deutlicher seitlicher -> Lobus) zu angustisellat (schmaler hoher Außensattel und deutlicher seitlicher Lobus).

Proterogenese
Prozeß der stammesgeschichtlichen Merkmalsveränderung, bei dem im Jugendstadium neu erworbene Merkmale im Verlauf der Generationen zunehmend auf die Reifestadien verschoben werden (nach Schindewolf).

Protoconch
Im Ei gebildete erste Gehäusekammer und zentraler Bestandteil der -> Ammonitella. Über das Caecum steht der Protoconch mit dem -> Sipho in Verbindung.

pygnodont
Mit einem schalenknackenden Gebiß aus kugeligen bis plattigen Zähnen.

r-Strategen
Arten, deren Überlebens- und Konkurrenzfähigkeit u.U. auf früher Geschlechtsreife und hoher Fortpflanzungsrate beruht. Sie können bei Optimalbedingungen mit Massenvermehrung reagieren, denen oft ein Zusammenbruch der Populationen folgt.

Selektionstypen
Grenztypen der mit bestimmten biologischen Parametern rückgekoppelten Selektion, die sich sehr unterschiedlich auf Wachstum und Stabilität der Populationen auswirken (-> r-Strategen, -> K-Strategen).

Septum
Trennwand zwischen zwei Kammern eines Kopffüßer-Gehäuses.

sessil
am Boden festgewachsen

Sexualdimorphismus
Abweichende morphologische Entwicklungen von männlichen und weiblichen Tieren werden bei einigen Ammoniten durch unterschiedliche Reifezeiten der beiden Geschlechtspartner ausgelöst.

Sipho
Als Organ der Cephalopoden ein häutiger, von einer kalkigen Hülle umgebener Strang, welcher von der Wohnkammer rückwärts durch alle Kammern des Phragmokons reicht.

Siphonalduten
Verkalkte Manschetten zur Führung des -> Sipho an dessen Durchtritt durch die Kammerscheidewand (-> Septum).

Skulpturelle Kompensation
Ein erstmals von Guex beschriebenes Phänomen der Schalenregeneration bei Ammonoideen nach Verletzungen, bei welchem durch Verlagerung von -> Epithel-Abschnitten auch die Skulptur-Elemente der Schale verzerrt und in der Position verlagert ausgebildet werden.

Stromatolith
Strukturen im Kalkstein mit schalig-blättrigem Aufbau, in verschiedenen formen, z.B. wellig-lagig, pfeilerbildend, mit blumenkohlartiger Oberfläche. Deutung als Matten von Blaugrünalgen, die Kalk anlagern. Anzeiger für lagunäres, übersalzenes Flachwasser. Stromatolithen gehören zu den ältesten bekannten Fossilien überhaupt.

Sutur
-> Lobenlinie.

syn vivo (lat.)
zu Lebzeiten.

Taphonomie
Summe der Prozesse, die vom Tod eines Lebewesens bis zu seiner Einbettung in das Sediment wirksam werden (Verwesung, Fäulnis, Transport etc.) und die Voraussetzung zur Bildung eines Fossils legen. Nach dem Einschluß in das Sediment setzt die -> Diagenese ein.

Taxon
Allgemeine Bezeichnung für eine systematische Kategorie, systematische Gruppe beliebiger Rangstufen wie Art, Gattung, Familie usw.

Taxonomie
Die Wissenschaft von der Gliederung und den Verwandtschaftsverhältnissen der Organismen. Sie hält Umfang und rangmäßige Bewertung der von ihr aufgestellten Begriffe (-> Taxon ) auf dem jeweiligen Stand der Kenntnisse.

Trochiten
Zylindrische Stielglieder von Seelilien, besonders von Encrinus liliiformis. Können im Trochitenkalk gesteinsbildend auftreten.

umbilikal
Im Bereich des Nabels (Gehäuseabschnitt der Ammoniten, der von der letzten Windung umschlossen wird) gelegen.

Umbilikallobus
Im Zuge der individuellen Entwicklung von Ammonoideen erzeugte Vermehrung der -> Lobenlinien-Elemente zwischen dem Intemlobus und dem ersten Laterallobus (-> Lobenlinie).

ventral
Auf der bauchwärtigen Seite gelegen (Gegensatz: dorsal).

Zone
Ein raum-zeitlicher biostratigrapischer Begriff, eine Grundeinheit der geologischen Zeitgliederung. Summe der Sedimente, die durch einen bestimmten Fossilinhalt gekennzeichnet sind. Er kann auch als Zeitbegriff für die Zeitspanne die der Lebensdauer des Leitfossils entspricht verwendet werden.

Literaturergänzung
Lehmann, U.: Paläontologisches Wörterbuch.- Enke Verlag, 278 Seiten, 128 Abb., 3 Tafeln, Stuttgart.